Weltkulturerbe und Europas größter Bergpark im Westen von Kassel

Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel

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Kassel

Wenn du in Kassel zu Besuch bist, solltest du dir einen Besuch im größten Bergpark Europas nicht entgehen lassen.

Mit seinen beachtlichen 2,3 Quadratkilometern liegt er im Habichtswald im Kasseler Westen und seine vielen durchdachten Sichtlinien, Panoramen und schönen Bauwerke lassen das Fotografenherz hüpfen.

Ich mag den Park am liebsten, wenn er im sanften Morgennebel verborgen ist und man in der Stille beim Gehen die Splitsteinchen unter den Schuhen knirschen hört. Dann, wenn die Bäume schon ihr Herbstkleid angezogen haben, die Sonne aber noch genug Kraft hat, um den Nebel zum Leuchten zu bringen. Wenn kein Wind geht, so dass man die Spiegelung der Bäume in der Wasseroberfläche sehen kann.

Und dann mag ich den Park auch im Frühling, wenn der Rhododendron und die Rosen in vielen Farben blühen, im Sommer, wenn die Wasserspiele stattfinden, und im Winter, wenn die Hügel verschneit sind und der See zugefroren ist, die älteren unter uns erinnern sich sicher an Winter, die noch ihren Namen verdienten.

Kurzum: es lohnt sich, egal wann!

Einmal Weltkulturerbe, bitte

Seit 2013 gehört der Bergpark Wilhelmshöhe zum UNESCO Weltkulturerbe. Als geborene Kasselerin freut mich das natürlich, eine wohlverdiente Auszeichnung für ein schönes Stück Kultur und Natur. Allerdings bringt diese Ehre natürlich auch ein deutlich erhöhtes Touristenaufkommen mit sich, bei gutem Wetter und an den Wochenenden quillt der Park manchmal vor Besuchern nur so über. Für einen ruhigen Besuch empfehle ich daher eher die Randstunden des Alltags.

Herkules, Kassels Wahrzeichen

Die drei größten Bauwerke im Park sind der Herkules, das Schloss Wilhelmshöhe und die Löwenburg.

Der Herkules, das Wahrzeichen der Stadt Kassel, schaut seit über 300 Jahren von der Spitze seines Oktogons, das am höchsten Punkt des Bergparks steht, auf die Dächer der Stadt. Die Aufnahme zeigt den Herkules im Januar 2021, Teile des Gerüsts, welches zur Restaurierung seiner Fassade errichtet wurde, sind noch zu sehen.

Der Herkules, das Wahrzeichen von Kassel, im Januar 2021

Der Herkules, das Wahrzeichen von Kassel, im Januar 2021

Der Herkules selbst ist ein tolles Fotomotiv, und der Blick von der Aussichtsplattform am Fuß seines Oktogons über die Kaskaden, das Schloss und die Wilhelmshöher Allee gehört zu den schönsten Ausblicken, die man auf Kassel haben kann. Der Aufstieg hat es allerdings in sich, rund 530 Stufen sind zu überwinden! Zur Motivation: diese Treppen werden gern von Kasseler Fitnessbegeisterten für ihr Training genutzt. Falls du beim mühsamen Aufstieg also von leichtfüßigen Joggern überholt wirst, mach dir nichts draus, für Kasseler ist das völlig normales Verhalten.

Bei entsprechender Inversionswetterlage kann sich das Kasseler Becken komplett mit Wolken füllen, auf die du vom Herkules aus schaust, ein immer wieder sehenswertes Phänomen.

Schloss Wilhelmshöhe

Das Schloss Wilhelmshöhe ist ein klassizistisches Bauwerk mit zwei abgerundeten Flügeln. Wie auch der Herkules wird es Abends beleuchtet und ist somit auch im Dunkeln oder kurz vor Sonnenaufgang ein tolles Motiv.

Schloss Wilhelmshöhe und der Blick über Kassel zur blauen Stunde

Schloss Wilhelmshöhe und der Blick über Kassel zur blauen Stunde

Im Inneren des Schlosses befinden sich wechselnde Gemäldeausstellungen, die natürlich auch einen Besuch wert sind, sofern du dich für die bildende Kunst begeisterst: die Sammlung „alte Meister“ umfasst unter anderem mehrere Bilder von Rembrandt.

Löwenburg

Und dann gibt es natürlich noch die Löwenburg, das kleine Hogwarts von Kassel. Sie wurde als Ruine geplant und erbaut und ist die Begräbnisstätte des Landgrafen Wilhelm IX. Der Wehrturm der Burg wurde im zweiten Weltkrieg zerstört und ist in den letzten Jahren aufwendig neu errichtet worden. Noch stehen ein paar Kräne um die hübsche Burg herum, aber bei geschickter Platzierung kann man sie aus dem Bildausschnitt herausmogeln. Bald sollen die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen sein und das Märchenschloss hat seinen vollen Zauber wieder.

Die Löwenburg, das kleine Hogwarts von Kassel

Die Löwenburg, das kleine Hogwarts von Kassel

Das alles und noch viel mehr

Neben diesen drei großen Bauwerken gibt es im Park noch jede Menge sogenannte Kleinarchitekturen, die sich hübsch in die Landschaft einfügen und dazu einladen, sie beim Spaziergang zu entdecken. Ich mag zum Beispiel das Wunschtörchen, das dich bergrüßt, wenn du den Park von der Mulangseite aus betrittst.

Das Wunschtörchen im Bergpark Wilhelmshöhe

Das Wunschtörchen im Bergpark Wilhelmshöhe

Immer einen Besuch wert: die Teufelsbrücke. Gerüchten zufolge treffen sich hier bei vollem Mond ab und an ein paar Waldelfen zum Stelldichein.

Herbstmorgen an der Teufelsbrücke im Bergpark Wilhelmshöhe

Herbstmorgen an der Teufelsbrücke im Bergpark Wilhelmshöhe

Die Eremitage des Sokrates ist die Mutter aller Tinyhouses, beim Versuch, hier mit Sack und Pack einzuziehen, käme wohl selbst ein gut organisierter Minimalist an seine Grenzen.

Die Eremitage ist die Mutter aller Tinyhouses

Die Eremitage ist die Mutter aller Tinyhouses

Wasser, überall Wasser!

Wasser ist ein zentrales Element des Parks, es gibt viele künstlich angelegte Teiche, die durch kleine Wasserläufe verbunden sind. Einige von ihnen dienen als Reservoirs für die Wasserspiele.

Der Lac ist der größte der Teiche, er liegt unterhalb vom Schloss Wilhelmshöhe und ist umgeben von einem Spazierweg und alten Bäumen. Zwei besondere Exemplare sind die Weiden, die sich im Laufe der Jahre soweit über die Wasseroberfläche geneigt haben, dass ein Teil ihrer Krone bereits im Wasser liegt. Die kleine Insel im südlichen Ufer des Lac ist eines meiner liebsten Fotomotive des ganzen Parks, da sich bei Windstille die Bäume im Wasser spiegeln und im Herbst ein tolles Farbenspiel entsteht.

Bäume auf der Insel im Lac im Bergpark Wilhelmshöhe im Herbst

Bäume auf der Insel im Lac im Bergpark Wilhelmshöhe im Herbst

Oberhalb der Löwenberg versteckt sich ein kleiner Waldsee namens Asch zwischen den Bäumen. Ein Spazierweg führt rund herum und windstille Tagen laden zum Träumen ein. Der Aufstieg zum Asch lohnt sich, aber er ist steil, schließlich sind wir im Bergpark, plane lieber eine Verschnaufpause ein.

Wasserspiele

Eines der Highlights des Parks Wilhelmshöhe sind die Wasserspiele. Sie sind weltweit einzigartig und damit meine ich nicht ihre Dimensionen, denn sicherlich gibt es größere Fontänen und tiefere Wasserfälle auf der Welt. Ihren Status als Besonderheit verdienen sie, da sie heute noch genauso funktionieren wie einst vor 300 Jahren, als Landgraf Karl sie hat bauen lassen: nur mit der Schwerkraft und ohne Strom, denn der war damals ja noch nicht erfunden. 750.000 Liter Wasser werden für eine Aufführung in Gang gesetzt, die aus natürlichen Reservoirs kommen und aufgrund physikalischer Gesetze ihre Reise durch die verschiedenen Stationen antreten. Los geht es an den Kaskaden des Herkules, anschließend fließt das Wasser im großen Zick-Zack über die Steinhöfer Wasserfälle, unter der Teufelsbrücke hindurch in den Höllenteich, von dort zum Aquädukt, wo es rund 40 Meter in die Tiefe fällt, um schließlich in der großen Fontäne im Schlossteich seinen Höhepunkt zu finden.

Ganz genau genommen ist die Fontaine nicht das Ende der Wasserspiele, denn das Wasser fließt anschließend aus dem Fontänenteich über die Wasserfälle weiter hinunter in den Lac und dann aus dem Park hinaus und irgendwann in den Hausfluss der Stadt Kassel, die Fulda. Zu besonderen Anlässen werden die Wasserspiele beleuchtet in den Abendstunden gezeigt.

Bei den Wasserspielen sind die Auswirkungen, die die Ernennung des Parks zum Weltkulturerbe hat, am auffälligsten: der touristische Andrang! War es in meiner Kindheit noch möglich, an einem Sonntag Nachmittag als Familie zu den Wasserspielen zu gehen, bei einem gemütlichen Spaziergang die Wasserbilder zu genießen und dann vor dem Schlossteich auf die große Fontaine zu warten - natürlich immer in der kindlichen Hoffnung, dass der Wind sich spontan dreht und in der sommerlichen Hitze eine kühle Erfrischung aus der Fontaine über die Besucher wehen lässt - so muss man dabei heute Menschenmassen in Kauf nehmen, die mit Reisebussen kommen und als Kometenschweif ihres Touristenführers die einzelnen Stationen abarbeiten.

Der Einzigartigkeit der Wasserspiele tut das natürlich keinen Abbruch und sofern dich Menschenansammlungen nicht zu sehr in deinem Erleben einschränken, solltest du sie dir selbstverständlich ansehen. Die kindliche Hoffnung, dass der Wind dreht und eine Erfrischung über die Zuschauer weht, habe ich mir bis heute erhalten.

Eigentlich ein Arboretum

Aufgrund seiner Bepflanzung gilt der Park als Arboretum, er beheimatet über 300 heimische und exotische Baumarten, viele von ihnen sind nummeriert, so dass du nachschauen kannst, welche besondere Art du gerade vor der Nase hast.

Neben großartigen heimischen Arten wie der Rotbuche oder der Eiche, gibt es auch Exoten unter den Bäumen, wie zum Beispiel den asiatischen Taschentuchbaum, der im Mai blüht und dabei aussieht, als hätte ihn jemand wüst mit gebrauchten Tüchern dekoriert. Eine poetische Interpretation der weißen Fähnchen ist der Gedanke an Tauben, weshalb der Baum auch Taubenbaum genannt wird.

Reich mit Taschentüchern behängt - der Taschentuchbaum

Reich mit Taschentüchern behängt - der Taschentuchbaum

Ein tolles Farbenspiel bietet der japanische Fächerahorn süd-westlich vom Schloss mit seinen ganzjährig leuchtend roten Blättern. Oder gleich nebenan die chinesische Blasenesche, die ihre Früchte in feinen Lampions aufhängt.

Fächerahorn im Bergpark Wilhelmshöhe

Fächerahorn im Bergpark Wilhelmshöhe

Blüten und Blumen

Obwohl der Schwerpunkt der Bepflanzung des Parks auf Bäumen und Sträuchern liegt, gibt es je nach Jahreszeit sind auch Blumen zu sehen. Abgesehen von den wild auf der Wiese wachsenden Schlüsselblumen und Herbstzeitlosen sind die Rabatten vor dem Gewächshaus liebevoll und aufwändig in Mustern bepflanzt. In der Nähe vom Schloss Wilhelmshöhe stehen außerdem Rhododendronbüsche, die bereits Ende April die ersten Blüten haben. Die volle Farbenpracht kannst du im Mai bewundern.

Im Sommer sind die Rosen dran, die gut duftenden Büsche findest du unterhalb vom Schloss und auf der Roseninsel, die du über eine kleine Brücke betreten kannst. Insgesamt wachsen im Park über 1.000 verschiedene Rosensorten! Darunter auch die “Perle von Weißenstein” des Hofgärtners August Schwarzkopf, die als älteste deutsche Zuchtrose gilt, da sie bereits vor mehr als 200 Jahren gezüchtet wurde.

Mein ganzjähriges Highlight der Roseninsel ist das Denkmal für den kaiserlichen Dackel Erdmann, welches der Kaiser Wilhelm II an einem schattigen Plätzchen für seinen verstorbenen Hund errichten ließ.

Gedenkstätte des kaiserlichen Dackels Erdmann auf der Roseninsel im Berpark Wilhelmshöhe

Gedenkstätte des kaiserlichen Dackels Erdmann auf der Roseninsel im Berpark Wilhelmshöhe

Wenn draußen keine Blüten blühen, sind im Gewächshaus neben dem Schloss Wilhelmshöhe welche zu finden, das in den Wintermonaten für Besucher seine Tore öffnet.

Kommst du vorbei?

Natürlich ist diese Beschreibung des Parks kein Ersatz für einen echten Besuch - vielleicht hat dir diese Artikel ja Lust gemacht, einmal herzukommen und selbst durch den Park zu spazieren, egal ob mit oder ohne Kamera.

Oder vielleicht möchtest du die kleine Schwester des großen Parks, Park Wilhelmsthal bei Calden kennenlernen?

Wasserspiele im Bergpark Wilhelmshöhe

Kasseler Herkules

Gemäldegalerie Alte Meister

Bergpark Baumkataster

Verein Roseninsel Park Wilhelmshöhe e. V.

UNESCO-Welterbe Bergpark Wilhelmshöhe

Park Fotospot

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Kathinka
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Kathinka

Lebt im grünen Nordhessen, weil es dort so schön ist. Hat als studierte Germanistin in langjähriger Arbeit in der Informatik Nerdwissen Deluxe gesammelt. Mag Matsch und Schlamm genauso gern wie einen bunten Sonnenaufgang, steht für beides auch mal mitten in der Nach auf und findet, dass es generell nie genug Bilder von Bäumen im Nebel geben kann.

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