Knorriges aus der Welt der alten Eichen

Urwald Sababurg im Reinhardswald

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Nordhessen

Nördlich von Kassel Richtung Bad Karlshafen entlang der Dornröschen-Route der Deutschen Märchenstraße liegt der Naturpark Reinhardswald, das größte zusammenhängende Waldgebiet im schönen Nordhessen.

Der Eingang zum Urwald Sababurg

Der Eingang zum Urwald Sababurg

Wenn dir das Dornröschenschloss Sababurg und der Tierpark im Reinhardswald gefallen haben, du aber nicht genug alte Bäume vor die Kamera bekommen hast, kannst du dies bei einem Besuch im Urwald nachholen. Der Urwald Sababurg wurde 1907 zum Naturschutzgebiet erklärt und ist damit eines der ältesten Naturschutzgebiete in Deutschland. Die Bäume sind weitgehend sich selbst überlassen und haben viele Jahre auf dem Buckel, etliche sind mittlerweile abgestorben und stehen oder liegen als Totholz in der Landschaft herum.

Seid behütet

Das als Urwald bezeichnete Waldstück grenzt direkt an den Tierpark Sababurg. Es ist kein Urwald im eigentlich Sinne, da er in früherer Zeit als Hutewald genutzt wurde und somit genau genommen eine Kulturlandschaft ist. Denn ein Hutewald ist nichts anderes als eine Weide in - nun ja, in einem Wald eben. Die Viehbesitzer unserer Vorzeit haben ihre Kühe oder Schweine nämlich einfach in den Wald geschickt und dort weiden lassen, die Tiere haben sich von den Früchten der Eichen und Buchen ernährt und die frischen Zweige neu austreibender Bäume gefressen. Dadurch konnten nur wenig junge Bäume nachwachsen, während die älteren Bäume vom Viehfraß verschont blieben. So entstand über die Jahre ein lichter Wald mit sehr alten und großen Bäumen, mit anderen Worten: ein Träumchen von einem Wald und genau mein Ding.

Abgestorbener Eichenstamm im Urwald Sababurg

Abgestorbener Eichenstamm im Urwald Sababurg

Es gibt drei Rundwege, die durch den Urwald führen, sie sind relativ kurz, zwischen 1,2 und 4 Kilometern Länge, können aber nach Herzenslust miteinander kombiniert werden. Um den Waldboden zu schonen, sind Teile der Wege mit Bohlenbrücken ausgestaltet. Diese haben den Vorteil, dass der Spaziergang auch in verregneten Sommern (wie beispielsweise der Sommer 2021 in Deutschland, um mal ein konkretes Beispiel zu nennen), keine Schlammschlacht wird.

Der längste Rundweg führt auf einem Teilstück direkt am Wildschweingehege des Tierparks Sababurg entlang, so dass du dir von dort sogar fürs Feeling noch eine extra Prise Borstenviehgeruch mitnehmen kannst.

Unter den großen, alten Bäumen gibt es mittlerweile richtige Stars, die ihren eigenen Namen haben und wahrscheinlich schon tausendmal fotografiert wurden. Die bekannteste und markanteste aller Eichen des Urwalds Sababurg ist sicherlich die Kamineiche, die in ihrem Stamm ein augenförmiges Loch hat. Wie ein uralter Wächter des Waldes steht sie auf einer kleinen Lichtung und man fragt sich automatisch, was für Erlebnisse sie in ihrem langen Leben wohl hatte. Andere Urwaldriesen tragen Namen wie Rappeiche, Wappeneiche oder Margarethe.

Die alte Kamineiche im Urwald Sababurg

Die alte Kamineiche im Urwald Sababurg

Sollten dir die großen Baumgestalten noch nicht genug sein, wächst auch reichlich Adlerfarn im Urwald und mit reichlich meine ich wirklich reichlich. Frisch ausgetrieben überragt der Adlerfarn im Hochsommer so manchen Spaziergänger und die Bäume stehen in dem Teich aus grünen Blättern, als würden sie sich gerade ein Wellnessfußbad gönnen.

Adlerfarn im Urwald Sababurg

Adlerfarn im Urwald Sababurg

Alte Eiche in einem Meer aus Farnen

Alte Eiche in einem Meer aus Farnen

Aber auch zu anderer Jahreszeit lohnt sich ein Besuch im Urwald Sababurg, viel zu schnell sind die Rundwege abgelaufen und jedes Mal freue ich mich schon auf das nächste Mal.

Anreise durch den Reinhardswald

Die Anfahrt über die Kreisstraße 55 aus Richtung Hofgeismar gehört zu meinen absoluten Lieblingsstrecken im Umland. Schnurgerade führt die 55 durch den Wald, hinunter in die Senke und wieder hinauf, am liebsten mag ich sie natürlich im Herbst, wenn die Bäume die Festtagskleidung angezogen haben. Die Straße führt auch am Örtchen Beberbeck vorbei, das mit unter 100 Einwohnern einem der wohl kleinsten Dörfchen weit und breit.

Die Anreise durch den Wald aus Richtung Holzhausen erweckt zur Zeit keine angenehmen Gefühle. Borkenkäfer, Sürme und die Trockenheit der letzten Jahre haben dem dortigen Baumbestand stark zugesetzt. Abgestorbene und vertrocknete Fichten wurden großräumig abgeholzt, wodurch riesige leere Flächen entstanden sind. Die gute Nachricht: die Aufforstung hat bereits begonnen, statt Fichten werden in den nächsten Jahren Laubbäume wachsen. Sie sollen den Märchenwald wieder attraktiver machen und auf kommende klimatische Veränderungen vorbereiten.

Gut zu wissen

  • Der Parkplatz des Urwalds befindet sich direkt an der Kreisstraße K 55. An den Wochenenden ist hier mittlerweile sehr viel Betrieb, es empfiehlt sich also die rechtzeitige Anreise, um den Besuchermassen ein wenig auszuweichen.

  • Drei gut ausgeschilderte Rundwege verschiedener Länge führen an den alten Bäumen vorbei durch den Wald.

  • In direkter Nähe zum Urwald liegt die Sababurg und der gleichnamige Tierpark, die ebenfalls einen Besuch wert sind, am Eingang des Tierparks befindet sich das Infozentrums des Naturparks Reinhardswald.

  • Der Urwald Sababurg ist ein Hutewald und gehört zu einem Naturschutzgebiet. Weitere alte Hutewälder sind nahe Kassel auch am Dörnberg und an der Dönche zu finden.

  • Weitere Informationen auf den Websites der Deutschen Märchenstraße und des Naturparks Reinhardswald

Fotospot Fotografie Reinhardswald

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Kathinka
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Kathinka

Lebt im grünen Nordhessen, weil es dort so schön ist. Hat als studierte Germanistin in langjähriger Arbeit in der Informatik Nerdwissen Deluxe gesammelt. Mag Matsch und Schlamm genauso gern wie einen bunten Sonnenaufgang, steht für beides auch mal mitten in der Nach auf und findet, dass es generell nie genug Bilder von Bäumen im Nebel geben kann.

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